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Hauptsitz mit Meerblick

Reihe für Reihe recken sich die purpurfarbenen Köpfe Richtung Sonne, die langsam gen Westen im Meer versinkt. Mitten auf dem Feld, von tausenden glänzenden Rotkohlköpfen umgeben, sind wir mit einem Mann in Shorts verabredet.

Der Mann heißt Morten Alexandersen und hat im Laufe von zwanzig Jahren etliche Tonnen Rotkohl angebaut. Trotzdem ist Morten Alexandersen noch immer schwer vom Rotkohl begeistert, denn er ist so hübsch, wenn er in seinen vielen rotlila Nuancen auf dem Feld steht. Er sagt, der Anbau sei faszinierend, und der Rotkohl schmeckt ganz einfach gut.

Sauerkraut, Kohlsauce und Kohl als Suppeneinlage
Der Rotkohl ist seit fast 500 Jahren Bestandteil der Kost der Dänen. Sauerkraut, Kohlsauce und Kohl als Suppeneinlage war zunächst das Schicksal des Rotkohls, bis man im 19. Jahrhundert begann, den Kohl mit Essig und Zucker zuzubereiten.

In einem Kochbuch aus dem Jahr 1888 wird das Gericht auf vornehmem Französisch als „Chou rouge á la danoise“ beschrieben. Aber erst in einem dänischen Kochbuch aus dem Jahr 1902 taucht die Variante auf, die heute in Dänemark als Beilage zu u. a. Schweinebraten, Frikadellen und anderen Fleischgerichten beliebt ist. Bevor man sich den süßen, weichen Kohl schmecken lassen kann, muss die Saat jedoch zum Keim werden und der Keim zum Kopf.

Ein paar Traktorladungen voll
Im Dezember bestellt Morten Alexandersen die Pflanzen für das kommende Jahr, und ab Ende April bis Mitte Mai werden die zarten Pflänzchen auf dem Feld ausgepflanzt. Den Sommer hindurch wird der Kohl gehegt und gepflegt, während er größer wird. „Rotkohl wächst enorm viel. Die Pflänzchen, die wir auspflanzen, wiegen nur wenige Gramm, und wenn wir den fertigen Kohl ernten, ist das Gewicht ein paar Mal vertausendfacht worden. Das ist wahnsinnig beeindruckend”, erzählt Morten Alexandersen.

Der von Morten Alexandersen angebaute Rotkohl wird komplett an die Konservenfabrik „Samsø Syltefabrik“ geliefert. Deshalb müssen die Kohlköpfe groß sein. „Ich baue drei unterschiedliche Rotkohlsorten an, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten geerntet werden. Wir ernten die ersten Ende August und sind mit der Ernte kurz vor Weihnachten und manchmal Anfang Januar fertig”, erklärt Morten Alexandersen.

Gemeinsam mit seinen drei Samsøer Rotkohlkollegen beliefert er die Konservenfabrik und erntet um die 700.000 Rotkohlköpfe pro Saison. „Die Rotkohlköpfe, die später in Gläser abgefüllt werden, sollen bei der Ernte um die 3 kg wiegen. Insgesamt kommen 2.100.000 kg Rotkohl zusammen – das sind ein paar Traktorladungen“, so Morten Alexandersen.

Die Sauerwaren-Connection
Morten Alexandersen beliefert die Samsø Syltefabrik nicht nur mit Rotkohl, sondern auch mit Roten Beten, Hokkaidokürbissen und Weißkohl. Die Fabrik wurde ursprünglich 1887 als Meierei gegründet. Als diese um 1960 stillgelegt wurde, wurden die Räumlichkeiten von Eierunternehmen „Dansk Andel Æggeeksport“ genutzt, welches auf Samsø produzierte Eier sortierte und vertrieb. Einige Jahre später begann man mit dem Konservieren von Spargel. „Damals war der Spargelanbau auf Samsø weit verbreitet, aber man konnte nicht immer den gesamten Spargel im Laufe einer Saison verkaufen. Den Überschuss steckte man deshalb in Gläser und Dosen. Das war der Beginn einer Sauerwarenproduktion, die 1974 durch den Verkauf der Fabrik an die kaufmännische Genossenschaft FDB) und zwanzig Landwirte von der Insel stark erweitert wurde. Mein Vater war dabei, und seitdem habe ich ein sehr enges Verhältnis zur Fabrik“, so Morten Alexandersen.

Rotkohlmeister
Die vielen hunderttausend Rotkohlköpfe werden im Laufe der Erntesaison zur Samsø Syltefabrik gefahren, die dänischer Meister darin ist, die knackigen Blätter in leckeren Rotkohl zu verwandeln. Sofort nachdem der Rotkohl geerntet und die wenigen Kilometer vom Feld zur Fabrik gefahren worden sind, legen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter los. „Der Kohl wird gewaschen, geschnitten und in große Kochtröge gefüllt, die jeweils eine Tonne fassen können. Hierbei passiert etwas Magisches“, stellt Morten Alexandersen fest.

Fast jedes Jahr gewinnt der Rotkohl der Samsø Syltefabrik den Geschmackstest. Einer der Gründe für den Erfolg ist der Lagerraum der Fabrik, in dem der Lagermeister dafür sorgt, dass der Essig genau richtig ist. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Erzeugnissen am Markt, die in chemisch hergestellter Essigsäure eingelegt sind, wird in der Samsø Syltefabrik nur Essig gebraut. Und dann gibt es ja noch die Rezepte, die natürlich streng geheim sind!

  

Rotkohl:

  • Wird auf Samsø auch für den Verbrauch angebaut, d. h. als frischer Kohl. Brdr. Kjeldahl in Nordby produzieren pro Jahr um die 350.000 Rotkohlköpfe zum Verbrauch. 60 Prozent des Rotkohls wird an den letzten fünf Tagen vor Weihnachten verkauft, da der Rotkohl auf keiner dänischen Weihnachtstafel fehlen darf. Alle Rotkohlköpfe werden von Hand geerntet.
  • Für die Samsø Syltefabrik muss maschinell geerntet werden. Die Maschine schneidet den Kohl am Stock ab und trennt die Deckblätter ab.
  • Wechselt die Farbe je nach dem Säuregrad des Bodens. Deshalb können sie unterschiedliche Farben von fast bordeauxrot bis hin zu dunkellila haben.

Morten Alexandersen:

  • Auf Samsø geboren, heute auf einem Hof in Pillemark wohnhaft.
  • Beliefert die Samsø Syltefabrik sowohl mit konventionell als auch ökologisch angebauten Roten Beten und Rotkohl.
  • Baut ebenfalls Kartoffeln, Erdbeeren, Blaubeeren, schwarze und rote Johannisbeeren, Getreide, Raps und vieles mehr an.
  • Isst selbst viel Rotkohl – sowohl eingelegt als auch in Salaten.